Das Freizeitpferd im Zentrum
Am Symposium des SFRV drehte sich für einmal alles um das Freizeitpferd
Als das Symposium eröffnet wurde, war es noch kühl. Obwohl sich ein für September ungewöhnlich warmer Tag ankündigte. Das Nationale Pferdezentrum (NPZ) liegt mitten in Bern, es ist eine grüne Oase, mit von wilden Reben überwachsenen Ställen - die aus einer anderen Zeit zu sein scheinen.
Am Eingang warteten freundliche Helfer auf die Besucher und händigten die neongelben Armbänder aus, die zeigen, dass man hier dabei sein darf.
Das Programm
Der praktische Teil fand in der Reithalle statt und zeigte von A wie Agility bis W wie Westernreiten viele Aspekte der Freizeitreiterei.
- Horseagility
- Longieren nach biomechanischen Grundlagen
- Westernreiten und Jungpferdeausbildung
- Freiheitsdressur/Zirkuslektionen
- SFRV HorseChallenge® (ehemals Horseathlon)
- Klassische Dressur in der Lehre der Ecole de Légèreté
- Dualaktivierung
In der Wagenremise wurde viel Wissenswertes über weitere Aspekte der Pferdehaltung vermittelt:
- Der Grosstierrettungsdienst
- Die natürliche Stallapotheke
- Sattelkunde
- Pferdeverhalten - Ethologische Grundhaltung im Training etablieren
- Giftpflanzenerkennung
- Welcher Hufschutz für welches Pferd
- Bedarfsgerechte Pferdefütterung
- Grundkenntnisse über Pferdezähne
Eröffnung und Horse Agility in der Reithalle
Kristina Gau, als Vertreterin des OKs, bestehend des weiteren aus Anita Trachsel und Gerhard Stiegler, eröffnete das Symposium in der Reithalle. Gleich danach startete die erste Vorführung mit der relativ neuen Sportart Horseagility.
Zwei Shetlandponys und zwei Pferde zeigten mit ihren Führerinnen, was alles möglich ist, wenn Mensch und Pferd vertrauensvoll zusammenarbeiten.
Der Vortrag des Grosstierrettungsdienstes
In der Wagenremise erzählte während dieser Zeit Simon Moor vom Grosstierrettungsdienst spannend von den Aufgaben, die er und seine Kollegen bei Ihren Einsätzen zu bewältigen haben.
Ob es ein Pferd ist, das mit dem Hubschrauber aus einem Fluss gerettet werden muss oder Kühe, die nach der Alpzeit nicht mehr ins Tal zurück wollen. Oder gar Zebras, Nashörner und weitere Zootiere die Hilfe brauchen.
Für viel Gelächter sorgte der coole Tinker, der das Fliegen offensichtlich geniesst und sich völlig entspannt bei Übungen "retten" lässt. Er wird dabei nicht sediert!
In erster Linie führt der Grosstierrettungsdienst aber Fahrten mit kranken oder verletzten Tieren durch. Das ist zwar weniger spektakulär, aber dafür umso wichtiger.
Wer sich absichern möchte, um im Falle eines Falles nicht mit hohen Kosten dazustehen, hat die Möglichkeit eine Versicherung für sein Pferd abzuschliessen. Damit sind dann sämtliche Kosten einer Bergung oder eines Transports gedeckt.
Longieren nach biomechanischen Grundlagen
In der Reithalle zeigte Thomas Berger, wie ein Pferd korrekt, eben nach biomechanischen Grundlagen, longiert werden sollte. Dazu braucht es einen Kappzaum und ein Pferd, dass bereits in der Bodenarbeit gelernt hat sich aus verschiedenen Stellungen führen zu lassen.
Thomas Berger strahlte eine beeindruckende Ruhe aus, auch wenn einmal nicht alles glatt lief. Als Amira, seine 11jährige Shagya Araberstute, den Sprung über 2 Cavaletti nicht machen wollte, ging er auf sie ein und zwang sie nicht dazu. Er hat zuerst ein Cavaletti entfernt und den Sprung so gemacht. Erst danach hat er die Cavaletti wieder aufeinander gestellt und sie über den hohen Sprung geschickt.
Westernreiten und Jungpferdeausbildung
Miriam Füri und Irene Hayoz zeigten mit dem 9jährigen Merlin, einem FreibergerxCriollo-Mix und dem 7jährigen Lincoln, einem Freiberger, wie man Jungpferde ausbildet.
Merlin wurde sanft an verschiedene Geräuschquellen herangeführt, mit Fliegenmittel eingesprüht oder einer Folie abgerieben.
Währenddessen zeigt Lincoln, was es braucht, bis ein Pferd gesattelt werden kann. Vom ersten Schnuppern am Pad bis zum Reiter auf dem Rücken braucht es viel Geduld und Zeit.
Sattelkunde
Welcher Sattel passt auf welchen Pferdetyp? Jessica Wohlwend erklärte mit Bildern und Anschauungsmaterial spannend, was beachtet werden muss, damit der Sattel wirklich auf das Pferd passt. Dabei wurde auch klar, dass das immer eine Momentaufnahme ist. Wird das Pferd dicker oder dünner, baut es Muskeln auf oder ab, passt der Sattel plötzlich nicht mehr.
Weniger problematisch ist ein Sattel, der zu weit ist, weil das Pferd abgenommen hat. Denn da kann oft mit Pads vorübergehend korrigiert werden. Allerdings ist auch dafür Fachwissen und Fingerspitzengefühl nötig. Sehr anschaulich präsentierte Jessica das draussen mit 2 Pferden.
Die Sattlerin hat die schwierige Aufgabe den Sattel sowohl an das Pferd wie auch die Reiterin anzupassen. Und die haben oft verschiedene Bedürfnisse.
Ethologische Grundhaltung im Training etablieren.
In der Wagenremise stand kurz darauf das Thema Ethologie (Verhaltensforschung) im Zentrum. Nirina Meyer zeigte an Fotos auf, wie schnell Mikroausdrücke beim Pferd übersehen oder gar falsch interpretiert werden. Oft werden nur die nach vorne gedrehten Ohren gesehen, dass das Pferd aber um die Maulpartie sehr verspannt ist, sieht man nicht.
Interessant war auch, die Information über die 4 Stressreaktionen, die ein Pferd zeigen kann:
- Agression
- Flucht
- Überengagiert
- Verpanzerung/sich in sich selbst zurückziehen
Gerade die letzten zwei Reaktionen werden sehr oft nicht als Stress wahrgenommen.
Nirina erklärte auch sehr schön, wie wichtig Harmonie für das Pferd ist und das ein wirklich ranghohes Pferd Vertrauen schafft und nicht Angst verbreitet.
Harmonie und Stress sind sichtbar und fühlbar. Schauen wir genau hin und respektieren wir das Feedback des Pferdes.
Nirina Meyer[nbsp]
Wenn diese Erkenntnis in das Training mit dem Pferd einfliesst, steht einem pferdegerechten Training nichts mehr im Weg.
SFRV HorseChallenge®
In der Reithalle zeigten gleich 6 Pferd/Pony-Menschpaare, was alles möglich ist, wenn das Vertrauen zwischen Mensch und Pferd stimmt. Ob Mini-Shetty oder Grosspferd an der HorseChallenge® können alle mitmachen. Die Shettys zeigten sich cool und unerschrocken, ob sie rückwärts über eine Wippe gingen oder durch den Flattervorhang.
Währenddessen demonstrierten die Grosspferde, wie die HorseChallenge® geritten aussehen kann. Da wurden vom Pferd Tore geöffnet oder eine Brücke überquert. Thomas Berger zeigte diese Übungen sogar mit dem Halsring. Ganz ohne Kopfstück.
Welcher Hufschutz für welches Pferd
Die Tierärztin Bettigna Musterle, zeigte auf, wie ein gesunder Huf aussieht und wo es oft Problem gibt:
- Untergeschobene Trachten
- Wandgänger
- Risse
Sie erklärte, wieso es so wichtig ist, dass ein beschlagenes Pferd in kurzen Abständen (6-8 Wochen) neu beschlagen wird. Denn sonst wirken durch das Hufwachstum enorme Kräfte auf die hintere Beugesehne und die Schleimbeutel ein.
Wenn darüber entschieden wird, welcher Hufschutz für welches Pferd sind immer 4 Kriterien wichtig:
- Haltung
- Gesundheitszustand
- Nutzung
- Reitgelände
Grundsätzlich ist Barhuf die beste Lösung, allerdings kann es aufgrund gesundheitlicher Probleme (bsp. Spat) nötig sein ein Pferd zu beschlagen. Oder, wenn jemand an Springturnieren teilnehmen will.
Dass Hufschutz in unserem Gelände ein MUSS ist, darüber waren sich alle einig. Ebenso, dass es oft schwierig ist, den passenden Hufschuh zu finden.
Fazit
Sympathische Referenten und Mitwirkende, freundliche Helfer und ein umfangreiches Angebot machten den Tag des Freizeitpferdes zu einem einmaligen Erlebnis.